SPD will faire Vergütung für Auszubildende

Gastbeitrag des SPD-Bildungsexperten Ernst Dieter Rossmann in der Frankfurter Rundschau: „Ein erster wichtiger Schritt ist getan, um Auszubildende besser zu entlohnen. Jetzt muss es darum gehen, Branchenunterschiede abzubauen. Eine Perspektive für ein neues Gesamtsystem.“

Diese Ansage der Großen Koalition ist sehr konkret: „Im Rahmen der Novelle des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) werden wir eine Mindestausbildungsvergütung im BBiG verankern.“ Das Gesetz soll bis zum 1.8.2019 beschlossen und zum 1.1.2020 wirksam werden. Alle Beteiligten tun deshalb gut daran, jetzt sehr zügig eine faire tragfähige Konzeption für die Mindestausbildungsvergütung zu erarbeiten. Gleichzeitig sollten sie sich Klarheit über die weiteren Schritte auf dem Weg zu einer möglichst widerspruchsfreien und tragfähigen Förderung und Bezahlung aller Menschen in einer Erstausbildung verschaffen.

Vom Idealfall einer starken Sozialpartnerschaft her sorgen die Tarifparteien im Rahmen ihrer Tarifautonomie für ordentliche Ausbildungsvergütungen in den Tarifverträgen. Nicht tarifgebundene Ausbildungsbetriebe können diese nach derzeitiger Rechtsprechung allerdings um bis zu 20 Prozent unterschreiten. Weil es nun aber nicht nur die Flucht aus der Tarifbindung gibt, sondern auch die Weigerung, neue Tarifverträge zu Ausbildungsvergütungen inklusive abzu-schließen, gibt es immer noch eine viel zu große Zahl an zu niedrigen absolut unfairen Ausbildungsvergütungen. Deshalb ist die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung für Mindestausbildungsvergütungen vollkommen berechtigt.

Kein Auseinanderklaffen mehr

Ein wegweisender Eckpunkte-Vorschlag des DGB knüpft dabei an die Logik des dualen Berufsbildungssystems an. So wie die Wertschöpfungsbeiträge der Auszubildenden im praktischen Teil ihrer Ausbildung Jahr für Jahr steigen, sollen auch die Mindestausbildungsvergütungen, zu zahlen von den Arbeitgebern, systematisch angehoben werden. Auch die Vielfalt der tariflichen Vergütungssätze nach Branche und Region soll sich in der konkreten Vergütung niederschlagen, indem sich die gesetzliche Mindestausbildungsvergütung auf 80 Prozent vom Durchschnitt aller tariflichen Ausbildungsvergütungen des jeweiligen Ausbildungsjahres bemisst. Damit würde auch ein Beitrag dazu geleistet werden, dass die Ausbildungsvergütungen zwischen den Branchen und einzelnen Regionen nicht immer weiter auseinanderklaffen. Denn sehr hohe Ausbildungsvergütungen würden bei diesem Modell natürlich mit der Anhebung des allgemeinen Durchschnittssatzes auf das Mindestniveau durchschlagen.

Dass es hierzu im Detail noch kritische Nachfragen geben wird, ob dieses Modell in angemessener Weise die besonderen Bedingungen in einigen Bereichen des Handwerks wie Bäcker, Friseure und auch bei wenigen IHK-Berufen abbildet, ist absehbar. Dort ist dann eine klare Linie gefragt. Genauso kontrovers wird sicherlich die DGB-Forderung bewertet werden, dass auch bei der außerbetrieblichen Ausbildung von IHK- und Handwerks-Berufen die Mindestausbildungsvergütung nicht unterschritten werden darf und diese auch für betrieblich-schulische Ausbildungen gelten muss.

Ein allgemeines Ausbildungsgeld

Tatsächlich braucht es aus Gründen der Gleichwertigkeit, aber auch des Ausbildungsanreizes und der Belohnung der Leistung eigentlich schon längst auch für diejenigen beruflichen Erstausbildungen eine finanzielle Anerkennung, die außerbetrieblich, betrieblich-schulisch – wie z.B. in den Gesundheits-, Pflege- und Sozialberufen – oder rein schulisch mit Praktikumsanteilen wie in den pädagogischen Berufen organisiert werden, eben ein allgemeines Ausbildungsgeld. Ein solches Ausbildungsgeld für die berufliche Erstausbildung, je nachdem branchenbezogen oder auch öffentlich finanziert, das ja eltern- und einkommensunabhängig zu zahlen wäre, könnte am Ende auch Vorbild sein für die finanzielle Unterstützung bei einem ersten Bachelor-Studium in Kombination mit der gesetzlichen Sozialleistung des BAföG, dem Kindergeld etc.

Es wird noch ein sehr langer Weg sein, bis man zu einer solchen gleichwertigen Förderstruktur für die Teilnehmenden an einer schulischen, dualen, hochschulischen und hybriden beruflichen Ausbildung gekommen sein wird, und das nicht nur wegen der Milliardenbeträge, die hinter einem solchen allgemeinen Ausbildungsgeld stehen. Dafür sind die Interessenlagen zwischen den Sozialpartnern wie den öffentlichen Haushaltsgebern in Bund und Ländern noch zu disparat. Die konkreten nächsten Verbesserungen bei der Ausbildungsvergütung im dualen System sollten jetzt aber den Anstoß geben, über die konkrete Verbesserung bei der dualen Ausbildung durch eine Mindestausbildungsvergütung eine innovative Gesamtlösung für die berufliche Erstausbildung durchzubuchstabieren, die möglichst gleichwertig, widerspruchsfrei und ausbildungsfördernd ist.

Ernst Dieter Rossmann (SPD) ist Vorsitzender des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

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